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Wie ich die Selbst·ständigkeit meiner Tochter gefördert habe und sie einen Arbeits·platz fand

Eine 5-köpfige Familie steht direkt vor einer Haustür. Es sind Vater, Mutter und drei erwachsene Kinder. In den Glasscheiben der Tür spiegelt sich ein großes Wohngebäude. Der Vater steht im Hintergrund. Vor ihm steht seine Tochter, eine kleine junge Frau. Sie zeigt mit ihren Händen ein Herz. Neben ihr links steht ihr Bruder. Rechts sind ihre Mutter und ein weiterer Bruder. Alle lächeln.

Elif Cakmak hat 3 Kinder. Ihre Tochter Cağla hat Trisomie 21. Die Mutter berichtet, wie Cağla während ihrer Schulzeit gefördert wurde. Und wie Cağla danach eine Arbeit gefunden hat.


Elif Cakmak, 52 Jahre
Kazim Cakmak, 57 Jahre
Tochter Cağla, 32 Jahre
Sohn Denizcan, 30 Jahre
Sohn Berk, 21 Jahre

Cağla ist in der Türkei auf die Welt ge­kommen.
Wie hast du die Situation damals erlebt?

Damals war die ärztliche Betreuung in der Türkei nicht gut.

Ich wurde in meiner Schwangerschaft nicht untersucht.

Erst nach der Geburt haben die Ärzte festgestellt:

Meine Tochter Cağla hat Trisomie 21.

Ein Arzt hat es mir gesagt.

Ich konnte es nicht glauben.

Damals war ich noch sehr jung.

Ich hatte noch nicht einmal eine Ausbildung.

Mir fehlten sämtliche Informationen.


Anfangs war ich sehr traurig und ver­zweifelt.

Ich fragte mich immer wieder: Warum ich?

Auch Cağlas Pflege war sehr schwierig.

Sie nahm nicht zu.

Das hat mich sehr belastet.

Ich machte mir viele Sorgen.

Hat Cağla in der Türkei die Schule besucht?

Mit 5 Jahren kam sie in eine Vorschule.

Das war eine Vorschule für Kinder mit Behinderung.

Dort sah ich, dass wir nicht allein waren.

Andere Kinder brauchten zum Teil noch mehr Unterstützung.

Sie konnten zum Beispiel nicht allein laufen oder zur Toilette gehen.

Ich habe verstanden: Es gibt viele Arten von Behinderung.

Das hat mir geholfen.

Dann konnte ich die Behinderung meiner Tochter akzeptieren.

Mutter und Tochter stehen dicht zusammen. Sie umarmen sich. Ihre Köpfe liegen aneinander. Sie lächeln in die Kamera.
Elif Cakmak: Menschen mit Behinderung dürfen nicht ausgelacht werden. Und auch nicht belächelt. Sie sollen überall teilhaben können. Genauso wie alle anderen Menschen auch.

Habt ihr in der Schule Unterstützung erhalten?

Cağla konnte damals noch nicht sprechen.

Ihre Zunge ist etwas vergrößert.

Darum war die Aussprache für sie sehr schwer.

Ich übte viele Wochen mit ihr.

Dabei unterstützte uns eine Lehrerin.

Trotzdem war ich manchmal verzweifelt und traurig.

Aber ich habe versucht, meine Gefühle zu verbergen.

Meine Tochter sollte das nicht mitbekommen.

Irgendwann konnte Cağla immer besser sprechen.

Sie lernte dann auch lesen und schreiben.

Das hat mich sehr stolz gemacht.

Das hat mir die Kraft gegeben, weiterzumachen.

Cağla ist sehr geduldig und ausdauernd.

Das habe ich von ihr gelernt.

Damals wurde mir klar:

Mit der richtigen Förderung ist vieles möglich.

Heute arbeitet Cağla in einer Werkstatt für behinderte Menschen.
Die nennt sich kurz WfbM.
Wie habt ihr von der WfbM erfahren?

Eine Freundin erzählte mir davon.

Dann ging ich zu einer Beratungs·stelle.

Dort wurde ich gut beraten.

Cağla und ich schauten uns 2 Werkstätten an.

Danach haben wir uns für eine entschieden.

Heute arbeitet Cağla in der Montage.

Sie kam erst als Jugendliche nach Deutschland.

Darum sprach sie anfangs nicht gut Deutsch.

Ich sprach mit den Mitarbeitern der Werkstatt.

Sie waren bereit, Cağla beim Deutsch lernen zu unterstützen.

Einmal die Woche bekam sie Unterricht.

Auch ihre Einzelfall·hilfe unterstützte sie beim Deutsch lernen.

Warum ist dir Cağlas Selbst·ständigkeit so wichtig?

Ich werde nicht für immer da sein können.

Deshalb möchte ich, dass Cağla so selbst·ständig wie möglich wird.

Ihre Ausbildung und ihre Arbeit waren mir besonders wichtig.

Aber es gibt noch mehr Lebens·bereiche.

Cağla hatte schon einen Freund.

Das hat mich sehr für sie gefreut.

Früher war sie nämlich oft traurig.

Ihre Freundinnen hatten schon einen Freund und sie nicht.

Wir sprechen sehr offen über Liebe und Partnerschaft.

Mir war es immer wichtig, dass meine Tochter mit mir darüber sprechen kann.

Teilhabe am Arbeitsplatz

Für junge Menschen mit Beeinträchtigung gibt es verschiedene Unterstützung.

Sie haben die Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen.

Und sie haben das Recht auf Arbeit.

Sie haben das Recht auf einen Arbeitsplatz.

Ganz nach ihren Fähigkeiten und Wünschen.

In Deutschland gibt es dafür Unterstützung.

Zum Beispiel gibt es Geld für Hilfs·mittel.

Oder es gibt Geld für eine Assistenz am Arbeits­platz.


Es gibt den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Und es gibt die Werkstatt für behinderte Menschen.

Sie heißt abgekürzt WfbM.

Dort arbeiten Menschen mit Behinderung in verschiedenen Arbeits·bereichen.

Zum Beispiel in der Holz·werkstatt und Metall·werkstatt.

In der Küche oder in der Gärtnerei.


In der Werkstatt starten alle zuerst mit dem Berufs·bildungs·bereich.

Der heißt abgekürzt BBB.

Hier lernen sie die verschiedenen Arbeits·bereiche der Werkstatt kennen.

Aber niemand muss in der Werkstatt bleiben.

Man kann sich auch immer für einen Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt entscheiden.


Wer in Deutschland arbeiten darf, hat auch das Recht auf Leistungen.

Das gilt für asyl·suchende Menschen.

Und auch für geduldete Menschen.

Die Leistungen zahlt die Agentur für Arbeit.

Zum Beispiel Unterstützungs·leistungen.

Die ist für die Teilnahme im Berufs·bildungs·bereich der Werkstatt.

Hier finden Sie weitere Informationen

Bei der Suche nach einem Ausbildungs·platz

oder Arbeitsplatz bekommen Sie Unterstützung.

Unterstützung bieten verschiedene Stellen.

Zum Beispiel: