Sevgi Erkabalcı ist Mutter von 3 Kindern. Ihr ältester Sohn Samet hat Trisomie 21. Wie hat sie Samets Behinderung annehmen können? Welche Erfahrungen hat sie gemacht? Vor allem, als allein·erziehende Mutter? Was hat sie gestärkt? Davon berichtet uns Sevgi Erkabalcı.
Sevgi Erkabalcı, 51 Jahre
Sohn Samet, 26 Jahre
Ich habe es gleich nach der Geburt erfahren.
Zunächst hatte ich gemischte Gefühle:
Ich habe mich sehr gefreut, Mutter zu sein.
Aber ich hatte auch Sorge, was auf mich zukommt.
Ich brauchte über ein halbes Jahr, bis ich mich gefasst hatte.
Ich wusste nicht, was Behinderung bedeutet.
Ich hatte keinerlei Erfahrung.
Wir haben mit verschiedenen Therapien begonnen.
Meinem Sohn tat das gut.
Er wurde dadurch selbstständiger.
Das hat mich gestärkt.
Manchmal weinte ich vor Freude.
Die Ärzte und Ärztinnen hatten nicht mit diesen Fortschritten gerechnet.
Sie hatten mir zunächst wenig Hoffnung gemacht.
Aber Samet und ich haben gezeigt: Wir können alles schaffen.
Ich hatte viele Schwierigkeiten.
Die ganze Last lag allein auf mir.
Meine beiden jüngeren Söhne haben mich aber unterstützt.
Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.
Doch es war nicht einfach, im Gegenteil.
Anfangs war ich sehr schüchtern.
Mir fehlte Selbst·bewusstsein.
Durch Zufall habe ich von einer Beratungs·stelle erfahren.
Dort lernte ich Angebote zur Selbsthilfe kennen.
Ich traf andere Mütter, die ein Kind mit Behinderung haben.
Mit ihnen konnte ich mich austauschen.
Das ging sogar auf Türkisch.
Das ist meine Erst·sprache.
In den Gruppen unterstützen wir uns gegenseitig.
Und wir informieren uns.
Am Anfang war das neu und ungewohnt.
Aber ich habe schnell Vertrauen gefasst.
Ich fühlte mich auch ohne viele Worte verstanden.
Durch die Gruppen lernte ich viel über meine Rechte und Möglichkeiten.
Bis heute erfahre ich noch immer etwas Neues.
Wir haben eine tolle Gemeinschaft.
Es sind sogar Freundschaften entstanden.
Das hat mich sehr gestärkt.
Ich bin zuversichtlich geworden.
Das fällt auch meinem Freundeskreis auf.
Meine Freundinnen sagen, dass ich anders auf sie wirke.
Ich bin viel selbst·bewusster und stärker.
Und das gebe ich auch an meine Kinder weiter.
Samet ist sehr selbstständig.
Er arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen.
Und er hat eine Freundin.
Ich freue mich sehr für ihn.
Er genießt sein Leben.
Das macht mich glücklich.
Vielleicht kann er in einer Wohn·gemeinschaft wohnen. In einer WG.
Als Mutter fällt mir der Gedanke aber nicht leicht.
Ich weiß, ich werde nicht für immer da sein.
Deshalb müssen wir uns jetzt schon kümmern.
Gemeinsam müssen wir schauen, wie und wo er einmal leben kann.
Ohne mich.
Ich denke, es wird irgendwann eine betreute WG sein.
In Deutschland gibt es sehr viele Selbsthilfe·gruppen.
Es gibt sie zu fast allen Themen.
Zu jeder Art von Behinderung und dauerhafter Erkrankung.
Diese Gruppen wurden von Betroffenen gegründet und geleitet.
Oder auch von den Angehörigen der Menschen mit Behinderung.
In den Gruppen können sich die Menschen auszutauschen.
Sie unterstützen sich gegenseitig.
Viele Gruppen arbeiten außerdem politisch.
Denn sie wollen die Situation von Menschen mit Behinderung verbessern.
Sie sind auf der Suche nach einer Selbsthilfe·gruppe?
Es gibt eine Internet·seite von NAKOS.
Das ist die Abkürzung von: Nationale Kontakt- und Informations·stelle zur Anregung
und Unterstützung von Selbsthilfe·gruppen.
Hier können Sie nach passenden Gruppen vor Ort suchen.
NAKOS hilft Ihnen auch dabei, eine neue Selbsthilfe·gruppe zu gründen.
Hier kommen Sie zu NAKOS: nakos.de
Telefon: 030 31018960
E-Mail: selbsthilfe@nakos.de